Familiäres Mittelmeerfieber (FMF)
Immer wieder ein paar Tage Fieber, Bauchschmerzen, Gelenkschmerzen und unangenehme Hautrötungen: Gerade dann, wenn weitere Familienmitglieder an ähnlichen Symptomen leiden und die Familie aus der Mittelmeerregion stammt, könnte die Ursache für diese Symptome das familiäre Mittelmeerfieber (abgekürzt FMF) sein. Das familiäre Mittelmeerfieber ist eine autoinflammatorische Erkrankung, die weltweit zwar selten ist, aber gehäuft in Gegenden um das südöstliche Mittelmeer auftritt. Besonders betroffen sind Menschen türkischer, arabischer, armenischer und jüdischer Herkunft.
Familiäres Mittelmeerfieber wird vererbt – es ist also nicht ansteckend. Meist beginnt es vor dem 20. Lebensjahr – bei mehr als der Hälfte der Patienten sogar vor dem zehnten Geburtstag1.
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Was passiert im Körper bei FMF?
Wie bei allen autoinflammatorischen Erkrankungen kommt es zu einer Aktivierung des angeborenen Immunsystems. Die Ursache für diese Aktivierung ist eine Genveränderung (Mutation) – meist im sogenannten MEFV-Gen („mediterranean fever“-Gen). Wie FMF vererbt wird, können Sie hier nachlesen.
Durch die Genveränderung wird die Steuerung des Entzündungsgeschehens im Körper beeinträchtigt. Dies löst die verschiedenen Symptome sowie typische Krankheitsgefühle wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Fieber aus1.
Familiäres Mittelmeerfieber: Welche Symptome treten dabei auf?
Die Krankheitsschübe dauern in der Regel ein bis vier Tage. Zwischen den Schüben sind die Betroffenen frei von Beschwerden. Wie stark und wie häufig die Krankheitsschübe auftreten, kann sehr unterschiedlich sein, selbst bei ein und derselben Person. Bei familiärem Mittelmeerfieber können während eines Schubs folgende Symptome auftreten1:
- Fieber: Dieses muss nicht bei jedem FMF-Schub gleich sein. Bei einem Schub kann das Fieber sehr hoch sein, beim nächsten deutlich milder verlaufen oder gar nicht auftreten. Vor allem bei Kindern kann es vorkommen, dass Fieber das einzige Symptom ist.
- Bauchschmerzen: Diese treten bei neun von zehn Patienten auf. Vor allem Kinder leiden in dieser Phase oft unter Verstopfung. Auch hier kann es sein, dass die Schmerzen unterschiedlich stark sind, manchmal so stark, dass eine Blinddarmentzündung vermutet wird. Die Ursache der Bauchschmerzen ist eine Entzündung des Bauchfells.
- Gelenkschmerzen und -schwellungen treten bei jedem zweiten Patienten auf. Meist ist nur ein Gelenk (Monarthritis) betroffen, häufig das Knie oder der Knöchel.
- Schmerzhafte, scharf begrenzte und teilweise starke Hautrötungen, vor allem im Bereich der Füße oder Unterschenkel.
- Brustschmerzen: Diese kommen bei 20 bis 40 Prozent der Patienten vor und betreffen meist nur eine Seite. Sie können so stark sein, dass Betroffene nicht mehr richtig einatmen können.
- Muskelschmerzen, diese können auch durch körperliche Anstrengung ausgelöst werden.
Symptom-Check mit Ada
Der Symptom-Check basiert auf der von Wissenschaftlern und Medizinern entwickelten Gesundheits-App „Ada“.
Alle Symptome werden ganz genau abgefragt. Daraus wird abgeleitet, welche Erkrankung man möglicherweise haben könnte.
Gerade bei einer seltenen Erkrankung wie dem familiären Mittelmeerfieber kann der Symptom-Check mit Ada sehr hilfreich sein.
Diese web-basierte Anwendung zur persönlichen Symptomanalyse wird Ihnen von der Ada Health GmbH ("Ada") zur Verfügung gestellt. Die Datenverarbeitung ihrer personenbezogenen Daten erfolgt ausschließlich bei Ada als verantwortliche Stelle im Sinne der DSGVO. Novartis hat keinen Zugriff auf Ihre personenbezogenen Daten oder die Ergebnisse Ihrer Symptomanalyse.
Ada Health GmbH
FMF: Warum die richtige Diagnose so wichtig ist
Nur wenn es bei Mittelmeerfieber eine gesicherte Diagnose gibt, kann auch die richtige Therapie erfolgen: Mit dieser können die Häufigkeit und Schwere der Krankheitsschübe deutlich vermindert werden. Vor allem aber schützt sie vor den Spätfolgen des Mittelmeerfiebers, der Amyloidose. Bei dieser lagert sich das Protein „Serum Amyloid A“ (SAA), welches während der Schübe im Körper vermehrt gebildet wird, in Zellzwischenräumen ab, besonders in der Niere. Dadurch kann es später zu einem chronischen Nierenversagen kommen, was regelmäßige Dialyse und im weiteren eine Nierentransplantation erforderlich macht. Eine Amyloidose tritt bei 60 bis 80 Prozent der nicht behandelten FMF-Patienten auf1,2.
Bei familiärem Mittelmeerfieber dauert es manchmal lange, bis die Diagnose gefunden ist. Dies liegt daran, dass die Krankheitsschübe oft einer „normalen“ Infektion ähneln und unterschiedlich stark verlaufen.
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Wichtig ist daher, einen Spezialisten für familiäres Mittelmeerfieber aufzusuchen, wenn1:
1. FMF-typische Fieberschübe, etwa mit Bauch- und Gelenkschmerzen, auftreten. Bei der Einordnung der FMF-Symptome kann der Symptom-Check mit Ada helfen.
2. Die Betroffenen zu einer FMF-Risikogruppe gehören: Dies sind Menschen, die aus dem südöstlichen Mittelmeerraum, also aus der Türkei, arabischen Ländern oder Armenien, stammen oder auch jüdischer Herkunft sind.
3. Familienmitglieder ähnliche Symptome aufweisen, oder bei ihnen FMF festgestellt wurde.
Mittelmeerfieber: So erfolgt die Diagnose
Am besten ist es, während eines Schubes direkt zum Arzt zu gehen. Er kann dann verschiedene Tests durchführen. Zu diesen gehören zum Beispiel1,3:
- Blutuntersuchung: Um ein familiäres Mittelmeerfieber festzustellen, kann im Labor ermittelt werden, ob im Körper gerade eine Entzündung besteht. Ist der Schub vorüber, wird das Blut erneut untersucht: Bei jedem dritten FMF-Patienten gehen die Entzündungswerte wieder in den Normbereich zurück.
- Urinuntersuchung: Dieser Test ist vor allem für die Amyloidose-Diagnostik von Bedeutung. Der Urin wird auf das Vorkommen von Eiweiß und Blut geprüft. Deswegen ist der Eiweiß-Wert im Urin entscheidend, um eine Amyloidose rechtzeitig zu diagnostizieren.
- Rektum- oder Nierenbiopsie: Diese Untersuchungen, bei denen kleinste Gewebestücke aus dem Rektum (Mastdarm) oder einer Niere zur Analyse im Labor entnommen werden, sind für die Amyloidose-Diagnostik wichtig. Sie werden nur durchgeführt, wenn schon ein Verdacht auf eine Gewebeschädigung besteht. Haben sich bereits schädliche Proteine abgelagert, ist das in den Gewebeproben sichtbar.
- Genetische Analyse: Um die Diagnose „familiäres Mittelmeerfieber“ zu sichern, sollte ein Gentest durchgeführt werden. So wird festgestellt, ob bestimmte Gene, die für die Erkrankung FMF sprechen können, mutiert sind.
Falls keine Möglichkeit besteht, während eines Fieberschubs einen Arzt aufzusuchen, ist es hilfreich, einen Symptomkalender über die Beschwerden zu führen und damit einen Spezialisten für FMF aufsuchen.
Familiäres Mittelmeerfieber: Die Therapie
Der Einsatz des Wirkstoffs Colchicin ist die bekannteste Therapie des familiären Mittelmeerfiebers. Colchicin ist ein Alkaloid (chemischer Stoff aus der Natur) der „Herbstzeitlosen“ (eine Pflanze). Es wird auch bei akuten Gichtanfällen eingesetzt. Der Wirkstoff stört die Mitose (Zellteilung), hemmt in der Folge Entzündungsreaktionen und reduziert die Körpertemperatur bei Fieber. Bei familiärem Mittelmeerfieber schützt das Medikament zudem vor Spätfolgen wie einer Amyloidose.
Wichtig ist: Die Patienten müssen das Medikament ein Leben lang regelmäßig und in der mit dem Arzt abgestimmten Dosierung einnehmen. Bei richtiger Anwendung verschwinden bei circa 60 Prozent aller Patienten die Schübe komplett, bei 30 Prozent verbessern sich die Symptome – bei 5 bis 10 Prozent spricht das Medikament leider nicht an.
Bei manchen Patienten kann sich über die Zeit eine Colchicin-Resistenz entwickeln. Wenn trotz einer regelmäßigen Einnahme wiederholt Krankheitsschübe auftreten und bestimmte Entzündungswerte dauerhaft (nicht nur im Schub) erhöht sind, ist davon auszugehen, dass Colchicin keine ausreichende Wirkung mehr zeigt. In diesem Fall muss der behandelnde Arzt eine andere Therapie des familiären Mittelmeerfiebers veranlassen1,4.
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Familiäres Mittelmeerfieber: Auslöser kennen und für gute Ernährung sorgen
Zusätzlich zu einer ärztlichen Behandlung können Patienten auch selbst viel tun, um ihre Lebensqualität zu erhöhen und sogar die Häufigkeit der Krankheitsschübe zu reduzieren: Denn ein Schub kann bei familiärem Mittelmeerfieber durch bestimmte Auslöser hervorgerufen werden. Weiß der Patient, durch was der Krankheitsschub ausgelöst wird, ist es ihm möglich, diese zu vermeiden. Mögliche Auslöser für einen Fieberschub sind4:
- Stress-Situationen
- Niedrige Außentemperaturen
- Infektionen
- Mahlzeiten mit einem hohen Fettanteil
Zudem kann sich Sport (auch zum Stressabbau) und ausgewogene Ernährung positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken: FMF lässt sich hauptsächlich durch einen entspannten Tagesverlauf und eine gesunde Lebensweise abmildern. Zwar sind trotzdem Schübe möglich, wichtig ist dabei aber, die Zeit dazwischen entspannter zu gestalten. Finden Sie heraus, was Ihnen guttut, und sorgen Sie zudem für ausreichend Schlaf.
Weitere Informationen bietet der Artikel: Autoinflammatorische Erkrankungen: Was Sie selbst tun können. Viele Tipps für das Leben mit einer autoinflammatorischen Erkrankung, auch dazu, wie Sie Unterstützung im Alltag bekommen können, finden Sie im Bereich „Leben & Familie“.
So wird FMF vererbt
Beim familiären Mittelmeerfieber (FMF) liegt die Ursache für die Erkrankung in einer Veränderung (Mutation) des MEFV-Gens. Dieses Gen kann an die Kinder weitergegeben, also vererbt werden. Kinder können innerhalb einer Familie gesund sein, während ein Geschwister an FMF erkrankt1,2.
››Mehr als nur Fieber‹‹
So lautet das Motto unserer Kampagne, deren Ziel es ist, den Bekanntheitsgrad des familiären Mittelmeerfiebers (FMF) in Deutschland zu steigern. Werden Sie aktiv und helfen Sie, über die Erkrankung FMF aufzuklären.
Kurz erklärt: Die wichtigsten Grundlagen zu FMF im Podcast
Dr. Ivan Foeldvari vom Hamburger Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie spricht im Podcast über Hintergründe, Häufigkeit und Beschwerden des familiären Mittelmeerfiebers (FMF).
Quellen:
- Autoinflammation Reference Center Universitätsklinikum Tübingen: Familiäres Mittelmeerfieber. URL: https://www.medizin.uni-tuebingen.de/files/view/3NRLkQ5rnlnmanJz9qV4ba26/FMF%20.pdf (abgerufen am 21.09.2020)
- Gattorno M, Federici S, Pelagatti MA et al.: Diagnosis and management of autoinflammatory diseases in childhood. J ClinImmunol 2008; 28(suppl 1): 73–832.
- Kallinich, T. (2013). Neues zum familiären Mittelmeerfieber. Arthritis und Rheuma, 33(06), 379-385.
- Manna R: Familial Mediterranean fever. https://www.orpha.net/consor/www/cgi-bin/OC_Exp.php?lng=EN&Expert=342 (abgerufen am 21.09.2020)
- Kallinich T. et al. Evidenzbasierte Therapieempfehlungen für das familiäre Mittelmeerfieber. Z Rheumatol 2019;78:91-101