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Was sind autoinflammatorische Erkrankungen?
Zu den autoinflammatorischen Erkrankungen gehören eine ganze Reihe von Krankheiten. Sie werden auch als „autoinflammatorische Syndrome“ bezeichnet. Bei all diesen Erkrankungen kommt es zu einer Entzündungsreaktion (Inflammation), die scheinbar „von selbst“ (auto) auftritt. Diese wird durch das angeborene Immunsystem ausgelöst, welches für die unspezifische Immunabwehr zuständig ist1.
In diesem Fall sind bestimmte Zellen des Immunsystems wie die sogenannten Fresszellen (Monozyten, Makrophagen) sehr aktiv, so als würden sie einen Krankheitserreger bekämpfen. Dadurch finden im Körper die gleichen Vorgänge statt, die ablaufen, wenn das Immunsystem gegen eine Infektion kämpft. Diese Entzündungsreaktion betrifft den ganzen Körper, deshalb wird sie als „systemisch“ bezeichnet.
Betroffene merken dies dann als Krankheitsschub mit typischen Beschwerden wie Fieber, Schmerzen und Müdigkeit1. Wie lange das Fieber dauert, ob zusätzlich Bauch- oder Gelenkschmerzen oder Hautauschläge auftreten, unterscheidet sich je nach Form der autoinflammatorischen Erkrankung.
Dadurch, dass die Symptome zunächst einer ganz „normalen“ Infektion oder anderen Erkrankungen wie Rheuma ähneln, dauert es oft lange, bis die richtige Diagnose gefunden ist. Diese wird dann meist von einem Spezialisten, etwa einem Kinderarzt mit Spezialisierung auf Kinderrheumatologie oder (bei Erwachsenen) einem Facharzt für Innere Medizin mit Spezialisierung auf Rheumatologie, gestellt.
Weitere Informationen bietet unser Artikel zum Thema Diagnose. Auch der Symptom-Check mit Ada kann helfen, herauszufinden, ob eine autoinflammatorische Erkrankung vorliegt.
Die Ursache für die Überaktivität des Immunsystems ist bei den verschiedenen autoinflammatorischen Erkrankungen unterschiedlich:
- Manche Erkrankungen werden vererbt (etwa FMF, CAPS, TRAPS oder HIDS)
- Bei anderen setzen Stoffwechselprodukte oder bestimmte Situationen den Prozess in Gang (wie Harnsäure bei Gicht oder Kälte bei einer Form von CAPS)
Bei manchen autoinflammatorischen Erkrankungen (etwa SJIA oder AOSD) ist die Ursache nicht abschließend geklärt. Es wird aber davon ausgegangen, dass verschiedene Ursachen, etwa eine genetische Veranlagung und weitere Auslöser, zusammenkommen.
Aufgaben des Immunsystems
Periodische Fiebersyndrome – und welche autoinflammatorischen Erkrankungen es noch gibt
Ursprünglich wurde nur eine bestimmte Klasse von Erkrankungen – die autoinflammatorischen periodischen Fiebersyndrome – als autoinflammatorische Erkrankungen bezeichnet. Bei einem periodischen Fiebersyndrom treten immer wieder ein- bis mehrtägige Fieberschübe auf, die oft von Hautausschlag und Gelenkschmerzen begleitet werden. Hinzu kommen je nach Erkrankung weitere Beschwerden und zum Teil schwerwiegende Folgeschäden durch die chronische Entzündung. Zu den periodischen Fiebersyndromen gehören beispielsweise CAPS, FMF, TRAPS und HIDS.
Ein periodisches Fiebersyndrom ist meist erblich. Die Ursache für die gesteigerte Entzündungsreaktion ist ein Defekt in den Erbanlagen (Genen), in denen die „Handlungsanweisungen“ für das angeborene Immunsystem liegen1.
Die periodischen Fiebersyndrome zählen zu den „seltenen Erkrankungen“. In Europa wird eine Erkrankung dann als „selten“ eingeordnet, wenn sie höchstens 5 von 10 000 Menschen betrifft2.
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Zu den autoinflammatorischen Erkrankungen gehören jedoch auch manche Erkrankungen mit rheumatischem Charakter, wie SJIA (Morbus Still im Kindesalter) oder AOSD (Morbus Still des Erwachsenen). Bei diesen stehen neben längeren Fieberphasen Gelenksentzündungen im Vordergrund.
Zudem wurden in den letzten Jahren bei einigen häufiger vorkommenden Erkrankungen ebenfalls unspezifische Entzündungsreaktionen entdeckt: So lösen beispielsweise bei Gicht Harnsäurekristalle eine Entzündungsreaktion in den betroffenen Gelenken aus1.
Symptom-Check mit Ada
Der Symptom-Check basiert auf der von Wissenschaftlern und Medizinern entwickelten Gesundheits-App „Ada“.
Alle Symptome werden ganz genau abgefragt. Daraus wird abgeleitet, welche Erkrankung man möglicherweise haben könnte.
Gerade bei einer seltenen Erkrankung wie dem familiären Mittelmeerfieber kann der Symptom-Check mit Ada sehr hilfreich sein.
Diese web-basierte Anwendung zur persönlichen Symptomanalyse wird Ihnen von der Ada Health GmbH ("Ada") zur Verfügung gestellt. Die Datenverarbeitung ihrer personenbezogenen Daten erfolgt ausschließlich bei Ada als verantwortliche Stelle im Sinne der DSGVO. Novartis hat keinen Zugriff auf Ihre personenbezogenen Daten oder die Ergebnisse Ihrer Symptomanalyse.
Ada Health GmbH
Was passiert bei autoinflammatorischen Erkrankungen im Immunsystem, und welche Rolle spielt „IL-1“?
Um zu verstehen, was bei einer autoinflammatorischen Erkrankung „schiefläuft“, ist es hilfreich zu wissen, wie das Immunsystem normalerweise funktioniert und welche Teile des Immunsystems daran beteiligt sind:
Wenn wir mit Krankheitserregern, etwa Viren oder Bakterien, in Kontakt kommen, reagiert unser Immunsystem auf verschiedenen Ebenen:
- Angeborenes Immunsystem: Dieses wird auch als unspezifisches Immunsystem bezeichnet, weil es ganz grundsätzlich gegen die eingedrungenen Krankheitserreger vorgeht. Hierbei werden durch weiße Blutkörperchen (Leukozyten) bestimmte Botenstoffe gebildet und eine Abwehrreaktion in Gang gesetzt. Diese führt beispielsweise dazu, dass Fresszellen (Makrophagen) den Erreger in sich aufnehmen und „verdauen“.
- Erworbenes Immunsystem: Dieses spezialisiert sich auf die einzelnen Erreger, deshalb wird es auch als spezifisches Immunsystem bezeichnet. Es bildet spezielle Antikörper genau passend zum Erreger, die diesen dann unschädlich machen.
Was bei autoinflammatorischen Erkrankungen passiert:
Bei autoinflammatorischen Erkrankungen reagiert nur das angeborene, unspezifische Immunsystem, obwohl sich keine Krankheitserreger im Körper befinden: Es bildet vermehrt entzündungsfördernde Botenstoffe. Eine besondere Rolle spielt hierbei IL-1 (Interleukin-1)1,3. Dieser Botenstoff hat verschiedene Aufgaben im unspezifischen Immunsystem – hier im Überblick:
Wie IL-1 im Körper wirkt3
1:
- Beeinflussung des Bereichs im Gehirn, der die Körpertemperatur reguliert – Fieber entsteht.
- In Gang setzen einer systemischen (den ganzen Körper betreffenden) Entzündungsreaktion.
2:
- Bildung von Akute-Phase-Proteinen, etwa CRP (C-reaktives Protein) und SAA (Serum Amyloid A) in der Leber. Diese zeigen an, dass eine akute Entzündung besteht und lösen weitere Abwehrmechanismen aus.
3,4:
- Einwandern von Entzündungszellen in die Gelenke. Dadurch entstehen schmerzhafte Gelenkentzündungen, es kann zum Abbau von Knorpel- und Knochengewebe kommen.
Quellen:
- Stojanov S, Lohse P: Autoinflammatorische Erkrankungen als wichtige Differenzialdiagnosen in der Rheumatologie – ein Update. Akt Rheumatol 2011; 36: 226–235
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/seltene-erkrankungen.html (abgerufen am 21.09.2020)
- Dinarello CA: Blocking IL-1 in systemic inflammation. JEM 2005; 201: 1355–1359